Drei Gründe, warum sich Frauen mit Finanzen so schwer tun, und was du dagegen tun kannst:

Sowohl Männer als auch Frauen sind davon überzeugt, dass sie bei der Suche nach neuem Personal unabhängig von deren Geschlecht die qualifizierteste Person auswählen. Das ist nicht der Fall. Das bekannteste Beispiel hierfür lieferten die fünf renommiertesten Orchester in den USA. Sie bestanden quasi nur aus Männern, und die Orchesterleiter fingen eines Tages an, sich zu fragen, ob Männer tatsächlich die besseren Musiker sind. In diesem Fall gab es eine wunderbar einfache Möglichkeit, dies herauszufinden. Das Vorspielen potenzieller neuer Orchestermitglieder wurde hinter einen Vorhang verlegt. Das Verhältnis der neu eingestellten männlichen und weiblichen Musiker*innen änderte sich mit sofortiger Wirkung: 50 Prozent waren Frauen, 50 Prozent Männer. 

Lange Zeit glaubte man, der Grund dafür, dass Frauen nicht eingestellt bzw. befördert werden, liege darin, dass Männer in Machtpositionen sind. Da die Menschen dazu neigen, jemanden zu wählen, der ihnen selbst ähnlich ist, wählen die männlichen Führungskräfte Männer. Es hat sich allerdings herausgestellt, dass dies bei weitem nicht der einzige Grund ist.

Das berühmteste wissenschaftliche Experiment zur geschlechtsspezifischen Voreingenommenheit und deren fatale Folgen ist das von Heidi Roizen, einer ehrgeizigen und erfolgreichen Unternehmerin aus dem Silicon Valley. Ihr Lebenslauf wurde Student*innen gegeben, und sie sollten nach bestimmten Kriterien beurteilen, ob sie für diese Person arbeiten möchten, oder nicht. Die Hälfte der Student*innen erhielt den Lebenslauf mit Heidis Namen, die andere Hälfte erhielt den identischen Lebenslauf mit dem Namen Howard Roizen. Es zeigte sich – und das Experiment wurde in den letzten zehn Jahren mehrfach wiederholt – dass sowohl Frauen als auch Männer lieber für Howard als für Heidi arbeiten würden. Die Forscher*innen untersuchten die Bewertung der einzelnen Kriterien, um herauszufinden, warum sie so unterschiedlich ausfällt, und fanden folgendes heraus: Die Student*innen denken, dass Heidi unsympathisch ist, während sie Howard okay finden. 

Es ist die fast weltweit geltende Vorstellung, dass Frauen das fürsorgliche Geschlecht sind, die sie daran hindert, die gleichen Chancen wie Männer zu haben. Eine Frau, die Karriere macht, ist unsympathisch, weil sie die ihr zugewiesene Rolle als fürsorgliche Ehefrau, Mutter und Tochter nicht oder vermeintlich nicht wahrnimmt. Das hat fatale Auswirkungen auf die finanzielle Situation von Frauen. Weltweit verbringen Frauen etwa 2,5-mal mehr Zeit mit Pflege- und Hausarbeit als Männer. Arbeit, die unbezahlt ist, und Zeit, die nicht zur Verfügung steht, um Geld zu verdienen.

Wenn Frauen doch für Geld arbeiten, führen die sozialen Normen mit ihren tief verwurzelten Praktiken, Verhaltensweisen und Überzeugungen dazu, dass Frauen weniger verdienen als Männer, und dass sie nicht befördert werden. Das fängt damit an, dass weniger Wert auf die Schulbildung von Mädchen gelegt wird, geht weiter mit anerzogener Bescheidenheit und endet damit, dass ehrgeizige Frauen für die Verletzung sozialer Normen bestraft werden, indem sie als unsympathisch gelten. 

Das Ergebnis in Zahlen ist erschreckend: Trotz der Bemühungen, das geschlechtsspezifische Lohngefälle in Deutschland zu verringern, beträgt der Unterschied im durchschnittlichen Stundenlohn zwischen Männern und Frauen 18 Prozent. Plakativ dargestellt, arbeiten Frauen in Deutschland jedes Jahr vom 2. Januar bis etwa zum 5. März unentgeltlich. Übrigens: Frauen verdienen im weltweiten Durchschnitt nur etwa 63 Prozent der Löhne von Männern. Das macht Anfang Juli. Und wenn es darum geht, viel zu verdienen, sind Frauen erst recht nicht beteiligt: 95 Prozent der Fortune-500-CEOs sind Männer. 

Diese Tatsachen sind bis zu einem gewissen Grad das Ergebnis eines unbewussten Verhaltens, das den gesellschaftlichen Normen entspricht. Allerdings ist die Ungleichheit zwischen Frauen und Männern in vielen Ländern explizit gesetzlich vorgeschrieben. In 18 Ländern können Ehemänner ihre Frauen gesetzlich daran hindern zu arbeiten; in 39 Ländern haben Töchter und Söhne nicht das gleiche Erbrecht; in 104 Ländern dürfen Frauen per Gesetz nicht die gleichen Berufe ausüben, wie Männer. 

Die Gründe für diese Ungleichheit sind komplex und die Tatsache, dass sie oft sowohl von Männern als auch von Frauen gelebt und sogar befürwortet wird, macht es schwierig, einen Hebel für Veränderung zu finden. Das System ist insofern selbsttragend, als Frauen als junge Mädchen lernen, dass sie dann ein wertvoller Teil der Gesellschaft sind, wenn sie ihre Rolle als fürsorgende Tochter, Ehefrau und Mutter erfüllen. Geld und Macht passen nicht in dieses Bild und werden daher von Frauen viel eher negativ gesehen als von Männern.

Zu den typischen Überzeugungen von Frauen gehören: Menschen, die Geld haben, haben es jemand anderem weggenommen; Geld korrumpiert meine Integrität; ich bin das Geld nicht wert; es ist das Beste für meine Kinder, wenn ich nicht arbeiten gehe. Diese Überzeugungen führen dazu, dass Frauen bereit sind, für Gehälter zu arbeiten, die Männer nie akzeptieren würden, oder dass sie ihre Erfüllung darin sehen, anderen unentgeltlich zu helfen. Infolgedessen sind sie von anderen abhängig, meistens von Männern.

Ich denke, dass Frauen nicht darauf warten können, dass Männer, die bis heute die Welt regieren, die Situation ändern. So sehr wir auch davon überzeugt sind, dass Kindererziehung die vornehmste aller Aufgaben ist. So sehr wir auch moralische Überlegenheit empfinden mögen, wenn wir uns aus einer Wirtschaft heraushalten, die Menschen ausbeutet, und aus einer Politik, die von Egomanen betrieben wird. Wir müssen uns engagieren, denn wenn wir nicht mitspielen, wird das Spiel auch ohne uns gespielt. Leider gelten die Regeln trotzdem auch für uns.

Ich ziehe es vor, ein Mitspracherecht bei den Regeln zu haben, auch wenn das bedeutet, dass ich das Spiel erstmal mitspielen muss. Erst wenn ich ein Mitspracherecht habe, kann ich die Regeln ändern. Unabhängig zu sein, indem ich Geld verdiene und investiere, ist ein guter Ausgangspunkt. 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

de_DE